Radiokarbondaten
bilden neben der Dendrochronologie das Rückgrat der
mitteleuropäischen Neolithikum-Chronologie, insbesondere in den
ausgedehnten Regionen, für die erhaltungsbedingt keine
dendrochronologischen Daten vorliegen. Entsprechend hat es in den
zurück liegenden Jahren immer wieder Kompilationen gegeben, in
denen mehr oder minder ausführlich der jeweilig verfügbare
Bestand an 14C-Daten dokumentiert wurde. Als grundlegend können
hier die Zusammenstellung der Daten aus dem Labor Groningen
(Lanting/Mook 1977) und die Synopsis des
vorderasiatisch-europäischen Neolithikums von Peter Breunig (1987)
gelten.
Seit etwa einem Jahrzehnt führen Verbesserungen in der
Mess-Methodik, neue methodische Ansätze in der Auswertung der
Daten sowie mehrere Datierungsprojekte mit einer größeren
Zahl von Messungen zu erweiterten chronologischen
Aussagemöglichkeiten (Beispiele: Biermann 1997; Müller 1999;
2001; Raetzel-Fabian 2000). Mit verschiedenen PC-gestützten
Kalirationsprogrammen stehen zudem bequeme, weitgehend standardisierte
Verfahren für die Auswertung der Messergebnisse zur Verfügung.
Wenig Fortschritt ist dagegen beim Publikationsmodus der Daten zu
verzeichnen. Bisher ist der übliche Weg die Publikation der meist
bereits in Datenbanken vorliegenden Informationen in Printmedien und
die erneute individuelle EDV-Erfassung durch verschiedene
Wissenschaftler zwecks Übergabe an ein Kalibrationsprogramm.
Darüber hinaus existiert nach wie vor kein zentrales
Publikationsorgan, in dem Daten gebündelt publiziert werden
könnten. Im Gegenteil, häufig sind Messergebnisse an
entlegensten Stellen publiziert, so dass ein viel zu großer Teil
der wissenschaftlichen Arbeit anstatt in die Auswertung in das
Auffinden und erneute Erfassen der verstreuten Daten fließt.
RADON-Projekt
In einem
"Strategiegespräch" im Sommer 1999 am Seminar für Vor- und
Frühgeschichte der Universität Frankfurt am Main berieten
deshalb Dirk Raetzel-Fabian und Hans-Peter Wotzka über die
Realisierung einer frei zugänglichen Datenbank, die erstmals einen
Großteil der bisher publizierten 14C-Daten für das
westmitteleuropäische Neolithikum bündeln sollte. Als
engagierte Mitstreiter für das Projekt konnten erfreulicherweise
Johannes Müller und Martin Furholt (Universität Bamberg)
sowie Christoph Rinne (Universität Göttingen) gewonnen werden.
Ziel des RADON-Projektes (RADiokarbondaten ONline) war zunächst
die Erfassung der in den größeren Kompilationen publizierten
Daten. In einem zweiten Schritt wurden auch kleinere Publikationen
ausgewertet und die Daten der Datierungsprojekte zur Wartbergkultur
(Raetzel-Fabian 2000) und zum Mittelelbe-Saale-Gebiet (Müller
1999; 2001) integriert. Das Kern-Arbeitsgebiet umfasst Deutschland, die
Schweiz, die Niederlande sowie Dänemark. Teilweise erfasst wurden
Daten aus Belgien, Ostfrankreich, Tschechien, Polen und Österreich.
Merkmale der RADON-Datenbank
RADON bietet in
Form einer MS Access-Datenbank Angaben zu mehr als 2000
Radiokarbondaten. Einzelne, verstreut publizierte 14C-Ergebnisse
konnten bisher nur partiell berücksichtigt werden. Es ist geplant,
die Datenbank schrittweise auszubauen. Aktualisierte Versionen werden
auf www.jungsteinsite.de verfügbar gemacht.
Die Benutzung
der RADON-Datenbank ist frei, ebenso ihre Weitergabe, sofern sie ohne
Modifikationen der Originaldatei erfolgt. RADON ist keine offizielle
Datenliste der aufgeführten Labors. Eine irgendwie geartete
Haftung für die Richtigkeit der Informationen übernehmen die
Autoren verständlicherweise nicht. Die Zusammenstellung dient der
schnellen Orientierung; für eine eingehendere Analyse des
Datenbestandes empfiehlt sich die Konsultation der angegebenen Quellen.
Die Struktur der Datenbank, die gewählten Termini und
Abkürzungen sind nicht selbsterklärend und setzen eine
Vertrautheit mit dem Datenbankprogramm, dem 14C-Datierungsverfahren,
den gängigen archäologischen Terminologien und der
Fachliteratur voraus. Aus Zeitgründen wurden in der Regel nur die
in den Literaturquellen angegeben Informationen erfasst und nicht
redaktionell erweitert (z. B. Angaben zur Gemeinde- und
Kreiszugehörigkeit).
Messungen, die eine Vergesellschaftung von Kulturen oder Gruppen
betreffen, werden entsprechend mehrfach aufgeführt, damit die
Sortierung nach Kulturen erleichtert wird. Kalibrierte Werte für
die einzelnen Daten sind nicht angegeben, da die Intervalle vom
gewählten Kalibrationsverfahren abhängen und als reine
Zahlenwerte nur eine sehr begrenzte Aussagefähigkeit besitzen.
Kalibration der Daten
Die Gliederung
der Datentabelle ermöglicht eine einfache Übernahme in das
weit verbreitete und sehr flexible Kalibrationsprogramm OxCal (siehe
Beispiel unten). Hierzu werden die gewünschten Daten (in den
benachbarten Spalten LABNR, BP, STD) markiert, in die
Windows-Zwischenablage kopiert und an entsprechender Stelle in OxCal
eingefügt. Die aktuelle Version des Freeware-Programms ist als
Download erhältlich: http://www.rlaha.ox.ac.uk/orau.html
1. RADON
Auswählen der
Datensätze, die für eine Kalibration vorgesehen sind, in der
RADON-Datenbank (Felder LABNR, BP, STD).
Kopieren der Daten in die Zwischenablage (Strg+C).
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2. OxCal
Einfügen der Daten aus der
Zwischenablage nach OxCal (Strg+V). Die Einfügeposition ist von
der geplanten Berechnung abhängig.
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3.
Kalibration
Zur weiteren Vorgehensweise und zu
den Kalibrations-Optionen vgl. die ausführliche OxCal-Dokumentation.
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4.
Graphische Ausgabe
Als Resultat ist eine flexible
Darstellung des Kalibrations-
ergebnisses möglich (Beispiele: Histogramm, Blockdiagramm,
kurvenbezogene Einzeldaten-
kalibration). Die Art und Weise der Ausgabe hängt von den
jeweiligen Einstellungen in OxCal ab.
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Fortführung der Datenbank
Die Pflege und
Fortführung des Datenbankbestandes ist nicht zuletzt von der
Resonanz auf das RADON-Projekt abhängig. Aus diesem Grund bitten
wir die Anwender um Mithilfe: Unterstützen Sie dieses Projekt und
teilen Sie uns fehlende, neu publizierte Daten oder auch fehlerhafte
Angaben im Bestand mit! Aktualisierte Versionen der Datenbank werden
weiterhin als freier Download auf der jungsteinSITE verfügbar
gemacht.
Sie erreichen die Arbeitsgruppe unter johannes.mueller@ggeo.uni-bamberg.de
Danksagung
Für Hinweise und Informationen danken wir Helle Vandkilde,
Maximilian O. Baldia und Bernd Mühldorfer.
Literatur
Biermann, Eric:
Großgartach und Oberlauterbach. Interregionale Beziehungen im
süddeutschen Mittelneolithikum. Mit Beiträgen von Jürgen
Richter und Bernhard Weninger. Archäologische Berichte 8. Bonn
1997.
Breunig, Peter:
14C-Chronologie des vorderasiatischen, südost- und
mitteleuropäischen Neolithikums. Fundamenta Reihe A, Band 13.
Köln 1987.
Lanting, J.N. / Mook, W.G.:
The Pre- and Protohistory of the Netherlands in Terms of Radiocarbon Dates. Groningen 1977.
Müller, Johannes:
Zur Radiokarbondatierung des Jung- bis Endneolithikums und der
Frühbronzezeit im Mittelelbe-Saale-Gebiet (4100-1500 v. Chr.).
Bericht der Römisch-Germanischen Kommission 80, 1999, 31-90.
Müller Johannes:
Soziochronologische Studien zum Jung- und Spätneolithikum im
Mittelelbe-Saale-Gebiet (4100-2700 v. Chr. Eine sozialhistorische
Interpretation prähistorischer Quellen. Vorgeschichtliche
Forschungen 21. Rahden/Westf. 2001.
Raetzel-Fabian, Dirk:
Calden. Erdwerk und Bestattungsplätze des Jungneolithikums.
Architektur - Ritual - Chronologie. Universitätsforschungen zur
prähistorischen Archäologie 70. Bonn 2000.
© Arbeitsgruppe RADON 2002:
Martin Furholt, Johannes Müller, Dirk Raetzel-Fabian, Christoph Rinne, Hans-Peter Wotzka
Kontakt: johannes.mueller@ggeo.uni-bamberg.de
Download
Die Datenbank liegt im Format MS-Access 2000 vor und enthält die komplette Datenliste
sowie alle zitierten Literaturangaben. ZIP-Datei, Umfang 260 KB.
Bearbeitungsstand: Daten 8. Mai 2002, Oberfläche 10. Nov. 2002. |
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